Selbstwirksamkeit – ein stilles Kraftzentrum im (Berufs-)Alltag
Warum wir sie brauchen, wie wir sie erleben – und was Achtsamkeit damit zu tun hat
Was bedeutet Selbstwirksamkeit eigentlich?
Selbstwirksamkeit ist ein Begriff aus der Psychologie, der auf den kanadischen Psychologen Albert Bandura zurückgeht. Gemeint ist damit die innere Überzeugung eines Menschen, durch das eigene Denken, Fühlen und Handeln etwas bewirken zu können.
Kurz gesagt: Man ist nicht nur Getriebener – man kann gestalten.
Gerade im beruflichen Kontext ist diese Fähigkeit essenziell: Denn wer sich selbstwirksam erlebt, ist motivierter, resilienter, verantwortungsbewusster – und weniger anfällig für Stress oder Burnout.
Warum Selbstwirksamkeit wichtig ist
In einer Arbeitswelt, die zunehmend komplex, schnell, fordernd und spezialisiert ist, steigt das Bedürfnis nach Orientierung und Handlungsspielraum.
Gleichzeitig erleben viele Berufstätige – gerade in großen Organisationen – eine wachsende Ohnmacht: Prozesse laufen ins Leere, Entscheidungen werden über Köpfe hinweg getroffen, die eigene Wirksamkeit verpufft in komplexen Strukturen.
Das kann zu Frustration führen – und langfristig zur inneren Kündigung.
Dabei ist das Erleben von Selbstwirksamkeit eine zentrale psychologische Ressource. Es entscheidet darüber, ob wir uns kompetent, verbunden und motiviert fühlen – oder erschöpft, orientierungslos und fremdbestimmt.
Woran wir Selbstwirksamkeit erkennen können
Selbstwirksamkeit zeigt sich nicht nur in großen Entscheidungen oder strategischen Wendepunkten. Oft liegt sie in den kleinen, alltäglichen Momenten – wenn wir bewusst handeln und die Konsequenz erleben.
- Eine Führungskraft führt ein schwieriges Mitarbeitergespräch wertschätzend und klar – und merkt, dass sich etwas bewegt.
- Ein Teammitglied bringt einen Vorschlag ein, der tatsächlich gehört und umgesetzt wird.
- Eine berufstätige Mutter schafft sich bewusst Zeit für sich selbst – trotz und eben wegen aller Anforderungen.
- Eine Führungskraft entscheidet, ein Projekt loszulassen, das nicht mehr stimmig ist – und fühlt sich dadurch wieder handlungsfähig.
- Eine Rentnerin engagiert sich ehrenamtlich und spürt: „Meine Zeit und Erfahrung machen einen Unterschied.“
Selbstwirksamkeit im Beruf: Mehr als Motivation
Studien zeigen, dass Selbstwirksamkeit ein Game Changer im Berufsalltag ist. Mitarbeitende mit hoher Selbstwirksamkeit:
- handeln proaktiver und lösungsorientierter,
- können besser mit Stress und Unsicherheit umgehen,
- identifizieren sich stärker mit dem Unternehmen,
- haben weniger krankheitsbedingte Ausfälle,
- gehen resilienter durch Krisen.
In Zeiten, in denen psychische Erkrankungen laut AOK Fehlzeitenreport zu den häufigsten Gründen für Krankmeldungen gehören und gleichzeitig das emotionale Engagement sinkt (Gallup: nur noch 13 % fühlen sich an ihren Arbeitgeber gebunden), ist Selbstwirksamkeit kein „nice to have“, sondern ein strategisch relevanter Faktor.
Was schwächt Selbstwirksamkeit am Arbeitsplatz?
Trotz hoher Kompetenz erleben sich viele Mitarbeitende im Alltag als wenig wirksam. Gründe dafür sind oft:
- Hierarchische Strukturen, die Mitgestaltung verhindern
- Mikromanagement, das Eigenverantwortung untergräbt
- Unklare Rollen oder Zielvorgaben, die Ohnmacht erzeugen
- Dauerhafter Zeitdruck ohne Gestaltungsfreiheit
- Kritikkultur statt Wertschätzung
- Fehlende Entwicklungsmöglichkeiten
Wenn Mitarbeitende immer wieder erleben, dass ihr Einsatz keinen Unterschied macht, kann das zu erlernter Hilflosigkeit, Demotivation und langfristig zu innerer Kündigung führen.
Wie können Unternehmen Selbstwirksamkeit gezielt fördern?
Selbstwirksamkeit entsteht durch Erfahrungen, nicht durch Appelle. Es braucht konkrete Gelegenheiten, in denen Mitarbeitende erleben können: Ich wirke. Ich kann etwas gestalten. Ich wachse an Herausforderungen.
Hier sind 7 zentrale Stellschrauben für die Personalentwicklung:
- Partizipation ermöglichen: Binden Sie Mitarbeitende aktiv in Entscheidungsprozesse ein – nicht nur symbolisch, sondern wirksam. Beteiligung erzeugt Ownership.
- Verantwortungsräume schaffen: Übertragen Sie bewusst Aufgaben mit Gestaltungsspielraum – auch im Kleinen. Wer Verantwortung tragen darf, erlebt sich als wirksam.
- Feedbackkultur etablieren: Stärken Sie eine Kultur des wertschätzenden, konstruktiven Feedbacks – nicht nur top-down, sondern auf Augenhöhe. Feedback wirkt identitätsbildend.
- Fehlerfreundlichkeit fördern: Machen Sie deutlich: Fehler sind Lerngelegenheiten, kein Karrierehindernis. Eine psychologisch sichere Arbeitsumgebung stärkt Mut und Lernbereitschaft.
- Weiterbildung mit Fokus auf Selbstwirksamkeit: Bieten Sie Trainings an, die nicht nur Fachwissen vermitteln, sondern Selbstvertrauen und Reflexionsfähigkeit stärken – z.B. Coachingformate, achtsamkeitsbasierte Seminare und Programme.
- Erfolge sichtbar machen: Helfen Sie Mitarbeitenden, ihre Fortschritte zu erkennen. Erfolgstagebücher, Retrospektiven oder Anerkennung im Team können einfache, aber wirkungsvolle Werkzeuge sein.
- Führungskräfte sensibilisieren: Führung hat großen Einfluss auf das Selbstwirksamkeitserleben. Lassen Sie Führungskräfte gute Vorbilder sein, in dem sie klar und bewusst entscheiden und achtsam handeln. Schulen Sie Führungskräfte darin, wie sie Vertrauen schenken, Potenziale erkennen und Mitarbeitende stärken statt kontrollieren.
Kulturelle und organisationale Spielräume nutzen, um Selbstwirksamkeit zu fördern
Gerade im Berufsleben sind Gestaltungsspielräume, Verantwortung und Feedback zentrale Faktoren für Selbstwirksamkeit.
Menschen, die erleben, dass sie Einfluss nehmen können, sind oft engagierter und resilienter.
Aber: Gestaltungsspielraum allein reicht nicht – entscheidend ist auch, ob er genutzt und als sinnstiftend erlebt wird.
Daher ist Selbstwirksamkeit nicht nur ein individuelles, sondern auch ein kulturelles Thema in Unternehmen:
- Werden Entscheidungen nachvollziehbar kommuniziert?
- Werden Mitarbeitende in Prozesse eingebunden?
- Gibt es Gelegenheiten für Feedback, Beteiligung und Entwicklung?
- Sind Führungskräfte echte Vorbilder?
Achtsamkeit als Weg zur Selbstwirksamkeit
Selbstwirksamkeit setzt voraus, dass Menschen sich bewusst sind, was sie denken und fühlen – und dann bewusst entscheiden, wie sie handeln wollen.
Genau hier kommt Achtsamkeit ins Spiel.
Achtsamkeit bedeutet:
- innezuhalten
- wahrzunehmen, was gerade ist
- bewusst zu entscheiden, wie man handeln will – und es dann auch zu tun
In der Praxis heißt das:
- Sie spüren Ihre Grenzen – und können sie kommunizieren.
- Sie erkennen stressauslösende Gedanken – und lassen sich nicht automatisch von ihnen leiten.
- Sie bemerken, was Ihnen wichtig ist – und treffen Entscheidungen im Einklang mit Ihren Werten.
- Sie handeln bewusst von innen heraus.
Selbst wenn Sie eine äußere Situation nicht ändern können, können Sie Ihren Umgang damit bewusst gestalten. Sie können sich z. B. entscheiden, die Situation so anzunehmen, wie sie ist – oder sich entscheiden, sie zu verlassen, wenn das möglich und sinnvoll ist. In beiden Fällen entscheiden Sie bewusst.
Und genau darin liegt die Kraft der Selbstwirksamkeit.
Es ist möglich, sich in vielen Alltagssituationen selbstwirksam zu erleben:
In Besprechungen mit Kolleg*innen oder Vorgesetzten, in der Priorisierung von Aufgaben, bei Entscheidungen im Team oder in der Projektsteuerung.
Und selbstverständlich wirkt sich Selbstwirksamkeit auch auf den privaten Alltag aus – auch dort können Sie sich dank Achtsamkeit immer wieder als handlungsfähig erleben.

Reflexion: Wo spüren Sie Ihre Wirksamkeit?
Hier ein paar Fragen zur Selbstreflexion – für Sie selbst oder als Impuls in Teamgesprächen, Coachings oder HR-Workshops:
- Wann habe ich zuletzt erlebt, dass mein Handeln etwas bewirkt hat?
- In welchen Bereichen meines Lebens (Beruf, Familie, Ehrenamt, Alltag) spüre ich Selbstwirksamkeit?
- Was gibt mir das Gefühl, Einfluss nehmen zu können?
- Wo fehlt mir dieses Gefühl – und warum erlebe ich mich dort nicht als selbstwirksam?
- Und wie verändert sich dieses Erleben, wenn Achtsamkeit ins Spiel kommt?
Fazit: Selbstwirksamkeit stärken – individuell und organisatorisch
Selbstwirksamkeit ist keine Selbstverständlichkeit – aber sie ist kultivierbar.
Sie entsteht dort, wo Menschen Verantwortung übernehmen dürfen, Sinn erleben und sich mit ihren Entscheidungen verbinden können.
Achtsamkeit kann dabei ein kraftvoller Hebel sein: Sie unterstützt uns, bewusster wahrzunehmen, klarer zu entscheiden und unser Leben – trotz aller Herausforderungen – aktiv mitzugestalten.
Mein persönlicher Leitsatz:
„Selbstwirksam – dank Achtsamkeit“
Möchten Sie Selbstwirksamkeit in Ihrem Unternehmen fördern?
In meinen Coachings, Trainings und Workshops begleite ich Menschen und Teams dabei, sich selbstwirksam, präsent und innerlich klar zu erleben – im Beruf und im Alltag.
Nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf